Stürzende Linien sind eine der vielen spannenden Techniken, die Ihnen helfen, beeindruckende Bilder zu erstellen. Aber was genau sind „stürzenden Linien“ und warum sind sie wichtig?
Was sind stürzende Linien und wo kommen sie vor?
Stürzende Linien sind Linien, die in der Realität parallel verlaufen, im Bild jedoch nach oben oder unten geneigt erscheinen. Solche Linien entstehen, wenn Sie ein Gebäude oder einen hohen Gegenstand von unten oder oben fotografieren.
Stürzende Linien treten in vielen Situationen auf: Wenn Sie ein Foto von einem hohen Gebäudes machen möchten, müssen sie die Kamera kippen.
Kirche Sant Abbondio, Gamborogno, Samsung Galaxy S5, 31 mm KB, 1/800s, f/2.2, ISO 50
Das gleiche Phänomen passiert, wenn Sie Geleise oder gerade Wege fotografieren; auch hier führen in der Realität parallele Linien zusammen:
Altstadtwege im Tessin, Nikon D5300, Nikkor f/3.5-5.6 18-105 mm, 75 mm KB, f/8, ISO 1600
Wenn Sie eine Treppe von unten oder der Seite fotografieren, schaffen Sie damit eine interessante Perspektive.
Schuperspektive, Sony RX100iii, Zeiss f/2.8-4 24-70 mm, 27 mm KB, 1/200s, f/4, ISO 125
Stürzende Linien verhindern?
Stürzende Linien können ein Bild interessanter und dynamischer gestalten. Sie verleihem einem Bild Tiefe und verdeutlichen die Höhe eines Gebäude oder Objektivs.
Kippen Sie die Kamera nur leicht, entstehen oft weniger ausgeprägte stürzende Linien, die mehr stören als wirken. Deshalb lautet die Empfehlung: Entweder stürzende Linien vermeiden oder sie als starken Effekt bewusst einsetzen.
Wenn Sie stürzende Linien vermeiden möchten, sollten Sie darauf achten, die Rückwand der Kamera parallel zum Motiv auszurichten. Bei hohen Gebäuden ist es ratsam, den Abstand zu vergrössern, um einen höheren Aufnahmestandpunkt einzunehmen, um eine gerade Perspektive zu erzielen.
Leicht verzerrte Perspektiven können Sie mit einem Bildbearbeitungsprogramm korrigieren.
Architekturfotografen verwenden spezielle Tilt-Shift-Objektive. Diese Objektive verfügen über eine verschiebbare Ebene, die es ermöglicht, Gebäude selbst bei gekippter Kamera ohne stürzende Linien zu fotografieren.
stürzende Linien – Neumarkt St Gallen, Sony RX100iv, Zeiss f/1.8-2.8 24-70 mm, 30 mm KB, 1/500s, f/4.5, ISO 125
Stürzende Linien bewusst einsetzen
Planen Sie ausreichend Zeit ein, um sich intensiv mit dem Motiv auseinanderzusetzen. Gehen Sie langsam um das Objekt herum und suchen Sie nach einem speziellen Blickwinkel oder einem besseren Standort.
Welche Seite des Gebäudes wirkt im aktuellen Licht und vor dem gewählten Hintergrund am besten? Machen Sie einen Rundgang um das gesamte Gebäude.
Esperimentieren Sie mit unterschiedlichen Perspektiven. Stellen Sie die Kamera auf den Boden, um den Vorplatz mit einzubeziehen.
Positionieren Sie das Gebäude in der oberen Hälfte oder im oberen Drittel des Bildes, um seine Mächtigkeit zu betonen.
Wählen Sie das passende Bildformat: Das Hochformat unterstreicht die Höhe und Mächtigkeit eines Gebäudes oder Turms. Es eignet sich besonders für dramatische Aufnahmen, die Stärke und Macht ausdrücken. Das Querformat hingegen vermittelt Ruhe, Geborgenheit und Sicherheit.
Stürzende Linien und Engel, Nikon D5300, Nikkor f/3.5-5.6 18-105 mm, 27 mm KB, 1/200s, f/9, ISO 100
Ein blauer Himmel mit kleinen Wolken bietet einen Kontrast zu den geometrischen Formen architektonischer Objekte.
Wenn Sie einen Polarisationsfilter verwenden, wird der Himmel intensiv blau, und die weissen Wolken heben sich deutlich ab. Zudem werden Reflexionen an den Fenstern minimiert. Beachten Sie jedoch, dass bei extremen Weitwinkelobjektiven (unter 24 mm KB) der Polarisationsfilter je nach Sonnenstand zu einem fleckigem Himmel führen kann.
Kirche Mario Botta in Mogno TI, Nikon D5300, Tokina f/2.8 11-16 mm, 21 mm KB, 1/60s, f/2.8, ISO 100
Weitere Tipps
Wenn kleine Schäfchenwolken über den Himmel ziehen, können Sie mit einem ND-Graufilte eine Langzeitbelichtung erstellen. Durch die längere Verschlusszeit (der Filter reduziert das Licht um 10 Belichtungsstufen) werden die weissen Wolken am Himmel verwischt, was einen aussergewöhnlichen Effekt erzeugt, der für Überraschung sorgt. Statt mit 1/125 s zu fotografieren, verwenden Sie eine Verschlusszeit von 2 s bei gleicher Blende.
Achten Sie auf die Linienführung: Diagonalen bringen Tiefe in Ihr Bild. Lassen Sie Linien aus den Bildecken herauslaufen – oder noch besser, leicht neben der Ecke – wenn Sie Dynamik erzeugen möchten.
Wenn Sie Ihr Bild mit einem Vordergrund, einer mittleren Ebene und einem Hintergrund komponieren, verleihen Sie dem Bild zusätzliche Tiefe.
Überlegen Sie, welche Bildelemente Sie einbeziehen möchten oder welche auf keinen Fall sichtbar sein sollten.
Arbeiten Sie abstrakte Details einer Fassade heraus: die Fensterfront, Nottreppen mit ihren Schattenspielen, die Struktur des Fassadenmaterials usw.
Drehen Sie die Kamera und weichen Sie auch einmal vom gewohnten waagerechten Bildausschnitt ab.
Nottreppe an Geschäftshaus – Architekturdetails herausarbeiten, Sony DSC-RX1003, Zeiss f/2.8-4 24-70 mm, 24 mm KB, 1/400s, f/5.6, ISO 125
Statische Objekte mit Lichtspuren bieten einen spannenden Kontrast: Vorbeifahrende Fahrzeuge erscheinen bei einer Langzeitbelichtung als Lichtstreifen.
Auch vorbeieilende Menschen können Sie mit einer etwas längerer Verschlusszeit verwischen lassen.
Mit einem starken ND-Graufilter und einer langer Belichtungszeit – zum Beispiel: 30s oder mehr – können Sie sich bewegenden Personen sogar tagsüber aus dem Bild zaubern.
Verwenden Sie Polarisationsfilter um Reflexionen auf Glas oder Wasser zu reduziern und die Farben satter wirken zu lassen.
Nutzen Sie Spiegelungen in Fenstern, Fassaden oder auf Wasserflächen. Wasserflächen sind in den frühen Morgen- oder späten Abendstunden meist ruhiger. Wenn Sie besonders starke Reflexionen erzielen möchten, verzichten Sie auf den Polarisationsfilter.
Stürzende Linien an Hausfassade, Sony RX100iii, Zeiss f/2.8-4 24-70 mm, 24 mm KB, 1/320s, f/4, ISO 125
Versuchen Sie, zwei Seiten des Gebäudes einzufangen, um dem Bild mehr Tiefe zu verleihen.
Notieren Sie sich beim Rundgang durch die Stadt mögliche Objektive und passende Uhrzeit (Lichteinwirkung) für spätere Besuche.
Setzen Sie Schattenspiele als Gestaltungselement ein und gehen Sie auch einmal ganz nahe heran, um Details zu entdecken.
Positionieren Sie die Kamera nahe an einer Fassade und kippen Sie sie extrem nach oben.
Wenn Sie an einer Hausecke stehen und die Kamera stark nach oben neigen, werden die stürzenden Linien zu einem perfekten Gestaltungselement.
Die Reduktion auf Schwarz-Weiss-Bilder lassen Linien und Muster von Bauwerken besser zur Geltung kommen.
Sammeln Sie Motive aus einer Motivgruppe: Treppen, Fenster und Türen, Kirchen, Brücken, Leuchttürme usw.
Symmetrie auf einem Vorplatz in der Vorstadt, Sony DSC-RX1003, Zeiss f/2.8-4 24-70 mm, 26 mm KB, 1/250s, f/4, ISO 125
Weitere experimentelle Alternative: Panografie
Bei der Panografie machen Sie von einem Motiv zehn, zwanzig oder dreissig überlappende Aufnahmen, die Sie in einem Bildbearbeitungsprogramm wieder zusammensetzen. Motiven, die oft gleich abgelichtet wurden, geben Sie einen besonderen Touch:
Klosterbezirk St. Gallen, Panografie in GIMP aus 35 Einzelbildern, Nikon D7000, Nikkor f/1.8 50mm, 75mm KB, 1/180s, f/6.7, ISO100
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Stürzende Linien sind eine der vielen spannenden Techniken, die Ihnen helfen, beeindruckende Bilder zu erstellen. Aber was genau sind „stürzenden Linien“ und warum sind sie wichtig?
Was sind stürzende Linien und wo kommen sie vor?
Stürzende Linien sind Linien, die in der Realität parallel verlaufen, im Bild jedoch nach oben oder unten geneigt erscheinen. Solche Linien entstehen, wenn Sie ein Gebäude oder einen hohen Gegenstand von unten oder oben fotografieren.
Stürzende Linien treten in vielen Situationen auf: Wenn Sie ein Foto von einem hohen Gebäudes machen möchten, müssen sie die Kamera kippen.
Das gleiche Phänomen passiert, wenn Sie Geleise oder gerade Wege fotografieren; auch hier führen in der Realität parallele Linien zusammen:
Wenn Sie eine Treppe von unten oder der Seite fotografieren, schaffen Sie damit eine interessante Perspektive.
Stürzende Linien verhindern?
Stürzende Linien bewusst einsetzen
Weitere Tipps
» Schwarzweiss fotografieren
Motivideen: stürzende Linien
Weitere experimentelle Alternative: Panografie
Bei der Panografie machen Sie von einem Motiv zehn, zwanzig oder dreissig überlappende Aufnahmen, die Sie in einem Bildbearbeitungsprogramm wieder zusammensetzen. Motiven, die oft gleich abgelichtet wurden, geben Sie einen besonderen Touch:
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» eBook Digitipps.ch
» Architekturfotografie: Kameraausrüstung, Kameraeinstellungen und Lichtverhältnisse
» Tilt-Shift-Effekt mit Photoshop
» Lichtquellen richtig einsetzen
Weitere Tipps zum Thema finden Sie auf Wikipedia oder Digitalfotoschule.de.
Seitencode: dt496
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