Fotopraxis

Farben und Farbkontraste fotografieren

Farbkontraste fotografieren, Sony RX100iv, Zeiss f/1.8-2.8 24-70 mm, 40 mm KB, 1/250s, f/4, ISO 125

Farbkontraste fotografieren

Farben und Farbkontraste fotografieren – Sie sind wichtige Gestaltungsmittel in der Fotografie. Die Bildwirkung ist stark abhängig von den gewählten Farben oder Graustufen.

Farben wecken Emotionen, erzeugen Stimmungen und fesseln den Blick des Betrachters. In unserer Welt voller Farben ist es eine Herausforderung, diese so in ein Bild zu integrieren, dass dieses ansprechend wirkt. Die blaue Stunde kurz nach Sonnenuntergang ist für die Kontraste von warmen Kunstlicht und kaltem Blaulicht beliebt. Weiter unten dazu mehr.

Farben und Farbkontraste fotografieren

Während die einen Fotografen und Fotografinnen intuitiv mit den Farben umgehen, müssen sich andere zuerst mit der Wirkung von Farben auseinandersetzen und damit üben.

Wenig gesättigte Farben wirken sehr sanft, manchmal fast etwas melancholisch. Sie werden auch Pastelltöne genannt. Stark gesättigte Farben vermitteln Stärke, Fröhlichkeit und sind besonders bunt.

Digitale Farben unterscheiden sich bezüglich Farbton, Helligkeit und Sättigung. Während der Farbton die entsprechende Farbe definiert (zum Beispiel rot, grün, blau, gelb…), beschreibt die Sättigung, wie intensiv ein Farbton ist. Ist ein Farbton völlig entsättigt, bleibt ein neutrales Grau. Die Helligkeit wiederum bestimmt, ob die Farbe eher hell oder dunkel wiedergegeben wird.

Die Wirkung der Farbe ist von vielen Faktoren abhängig und bei jedem Menschen unterschiedlich. Und doch lösen violette Kühe und blaue Tomaten bei allen etwas Staunen aus.

Tulpen - harmonische Farbkombination
Tulpen – harmonische Farbkombination, Nikon D750, Sigma Makro f/2.8 105 mm, 1/640s, f/4, ISO 100

Rottöne, Orange und Gelb werden mit Sonne, Wärme, Feuer, verbunden. Man bezeichnet sie auch als warme Farben. Blautöne wie das Wasser, das Eis, der Schnee wirken kalt, auch wenn sich der See in einem warmen Gebieten befindet. Gelb und Rot sind Signalfarben – denken Sie nur an die Farbgebung einer Wespe oder das Rotlicht an Kreuzungen.

Mit Signalfarben können Sie tolle Farbakzente setzen, tauchen diese aber im Hintergrund auf, lenken sie vom Hauptmotiv ab.

Wenn Sie Farben und Farbkontraste fotografieren, müssen Sie die gegenseitige Wirkung abschätzen und interpretieren können. Ein Gelb neben einem Schwarz wirkt anders als neben Hellblau oder Rot. Farben können sich gegenseitig verstärken oder abschwächen.

Signalfarben
Signalfarben, Sony DSC RX100iii, Zeiss f/1.8-2.8 24-70 mm, 32 mm KB, 1/320s, f/4, ISO 125

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Der Farbkreis nach Johannes Itten

Johannes Itten war ein Schweizer Maler und Kunsttheoretiker. Während seiner Arbeit mit Kunststudenten stellte Johannes Itten eine Farblehre zusammen – den Farbkreis:

Farbkreis von Johannes Itten 1961
Farbkreis von Johannes Itten 1961 (Quelle: Wikipedia)

Im mittleren Dreieck des Farbkreises stehen die Primärfarben rot, blau und gelb. Durch Mischung dieser entstehen die Sekundärfarben violette, orange und grün. Werden diese wiederum gemischt, entstehen die Farben im äusseren Farbkreis. Auf dem Farbkreis gegenüberliegende Farben bezeichnet man als Komplementärfarben: Gelb ist komplementär zu violett, orange zu blau, rot zu grün usw.

Farben, die auf dem Farbkreis nebeneinander liegen, harmonieren miteinander.

Wollen Sie drei Farben miteinander kombinieren, können Sie mit einem spitzwinkligen Dreieck das Trio aus dem äusseren Farbkreis lesen. Beispiel rechts: rot – orange – blau

Farbkontrast – Komplementärkontrast

Wenn Sie in Ihrem Foto zwei Farben einsetzen, die sich auf dem Farbkreis gegenüber liegen, spricht man von Komplementärfarben oder vom Komplementärkontrast. Rot ist komplementär zu grün, gelb zu violett und blau zu orange.

Fotografieren in der blauen Stunde kombiniert mit dem warmen Kunstlicht ist aus diesem Grund sehr beliebt: Die kalt wirkenden blauen Farbtöne harmonieren perfekt mit dem warmen, orangen Licht der Kunstbeleuchtung.

Farben und Farbkontraste fotografieren
Nikon D5300, Nikkor f/1.8 50 mm, 75 mm KB, 1/3000s, f/4, ISO 100

Quantitätskontrast – Farben und Farbkontraste fotografieren

Der Quantitätskontrast sagt etwas über die proportionale Farbverteilung eines Bildes aus. Wirken die Farben mit ihren Flächenanteilen harmonisch zueinander, spricht man vom Quantitätskontrast. Da die Farben unterschiedliche Leuchtkraft aufweisen – gelb wirkt zum Beispiel viel stärker als violett – benötigt ein harmonisch wirkendes Bild eine proportional kleinere Fläche gelb als violett. Goethe hat diese Stärken der Farben untersucht und eine Skala aufgestellt:

gelb 3 Teile
orange 4 Teile
rot 6 Teile
violett 9 Teile
blau 8 Teile
grün 6 Teile

Da gelb (3) eine sehr starke Farbe ist, benötigt rot (6) eine grössere Fläche, um ausgewogen neben der „Partnerfarbe“ wirken zu können: 3 Teile gelb, 6 Teile rot.

3 Teile gelb und 6 Teile rot
3 Teile gelb und 6 Teile rot
3 Teile gelb und 4 Teile orange
3 Teile gelb und 4 Teile orange

Belichtungskorrekturen

Die Belichtungsmesser sind auf ein mittleres Grau kalibriert. Wenn Sie sehr hell leuchtende Farben wie Gelb fotografieren, meint der Belichtungsmesser, dass mehr Licht vorhanden ist und veranlasst eine knappere Belichtung. Bei grün passiert genau das Gegenteil: Grüne Flächen werden ausgewaschen.

An bewölktem Tagen wirken die Farben eher flau, während Sie im Sonnenlicht so richtig zu leuchten beginnen. Je nach Farbton werden Sie feststellen, dass der Belichtungsmesser, welcher auf ein mittleres Grau geeicht ist, danebenliegt. Grün neigt zu Überbelichtung, während Gelb zu Unterbelichtung neigt. Korrigieren Sie die Belichtung bei Grün um -1/3 bis -2/3, bei Gelb +1/3 bis +2/3 EV.

Hinterhof mit Farbexplosion
Hinterhof mit Farbexplosion, Nikon D7000, Nikkor f/3.5-5.6 18-105 mm, 72 mm KB, 1/250s, f/8, ISO 100

Übungsaufgaben Farben und Farbkontraste fotografieren

  • Eine gute Einstiegsaufgabe ist, Fotos zu machen, die nur aus einer Primärfarbe bestehen: Rot, gelb oder blau. Sie werden erstaunt sein, wie Sie Ihren Blick für die Farben schulen, ganz abgesehen vom Blick für die formale Gestaltung mit der Farbe.
  • Später können Sie mit weiteren Farbtönen wie den Sekundärfarben orange, grüne, violett weiterarbeiten. Oder Sie spezialisieren sich auf eine Farbe und suchen immer mehr Nuancen davon.
  • Als nächste Herausforderung kommt die Kombination von zwei Farben hinzu.

Dieser Artikel ist Teil des über 600 Seiten starken Digitipps eBook.
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